Veröffentlicht am 2. April 2020

Covid-19-Pandemie: Der Graue Star muss warten

Eingriffe an den Augen
Covid-19-Pandemie: Der Graue Star muss warten – in welchen Fällen jetzt operiert werden sollte

München – Viele Patienten sind verunsichert, ob sie geplante Eingriffe oder Untersuchungen an den Augen angesichts der aktuellen Coronavirus-Krise vornehmen lassen sollten. Experten der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) klären auf, welche Arzttermine jetzt angezeigt sind und welche nicht. Auch liegen erste Erkenntnisse zur Ansteckungsgefahr durch Tränenflüssigkeit vor. So konnten darin bei Covid-19-Patienten bislang nur Viren nachgewiesen werden, wenn gleichzeitig die Bindehaut entzündet war.

Konkrete Zahlen, wie stark Augenärzte gefährdet sind, sich mit Covid-19 zu infizieren, liegen für Deutschland derzeit zwar nicht vor. „Wir wissen aber, dass sich in China vor allem HNO- und Augenärzte aufgrund des engen Patientenkontakts mit dem Virus angesteckt haben“, erklärt Professor Dr. med. Thomas Reinhard, Generalsekretär der DOG. „Deshalb gehen wir davon aus, dass Ophthalmologen ebenso wie HNO-Ärzte, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen oder Zahnärzte zu den Hochrisikogruppen gehören“, ergänzt DOG-Mediensprecher Professor Dr. med. Horst Helbig. Um die Infektionsgefahr zu minimieren, raten die DOG-Experten allen Augenärzten und deren Patienten, bei der Augenuntersuchung Schutzmasken zu tragen und Spuckschutzschilde an der Spaltlampe anzubringen.

Darüber hinaus sollten nicht zwingend notwendige Eingriffe mit Rücksicht auf die Patienten unbedingt verschoben werden. „Zu den aufschiebbaren Eingriffen gehören Operationen des Grauen Stars, kosmetische Operationen an den Augenlidern und operative Korrekturen von Fehlsichtigkeiten“, zählt Helbig auf. „Vor allem Patienten, die eine Katarakt-Operation planen, gehören häufig altersbedingt zur Risikogruppe und sollten nicht unnötig gefährdet werden.“ Auch aufschiebbare Arzttermine wie etwa routinemäßige Check-ups oder das Einholen einer Zweitmeinung seien derzeit zu vermeiden.

Injektionsbehandlungen der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) hingegen sollten weiter durchgeführt werden, damit sich das Sehvermögen der Patienten nicht unwiederbringlich verschlechtert. „Die IVOM-Therapien müssen erfolgen“, so Reinhard. „Wir haben unsere Abläufe derart umgestellt, dass das Risiko einer Ansteckung so gering wie möglich gehalten wird.“ Gleiches gilt für Hornhaut-Transplantationen. „Es besteht ein Mangel an Transplantaten, und es wäre ethisch nicht vertretbar, gespendetes Material zu verwerfen“, betont Reinhard. Auch die Versorgung von Notfällen und dringenden Augenkrankheiten bleibe sowohl ambulant in Praxen als auch ambulant und stationär in Kliniken gesichert.

Derweil liegen erste Untersuchungen vor, die sich der Frage widmen, ob die Tränenflüssigkeit von Covid-19-Patienten Viren enthält und damit ansteckend sein könnte. Eine kleine Studie aus Singapur an 17 Covid-19-Patienten mit Atemwegsproblemen ergab, dass die Ansteckungsgefahr durch Tränenflüssigkeit gering ist (1). Chinesische Wissenschaftler fanden Viren in der Tränenflüssigkeit eines Covid-19-Patienten, der gleichzeitig unter einer Bindehautentzündung litt (2). „Eine Konjunktivitis ist selten, tritt nur in etwa ein Prozent der Fälle auf“, erklärt Helbig. „Dennoch sollten Tränen als potenziell infektiöses Material behandelt werden.“

Weitere Informationen für Ärzte und Patienten sowie Linkempfehlungen unter: https://www.dog.org/?cat=288