Veröffentlicht am 2. September 2016

Zwischen Fachheft und Unterhaltung: die schweizer „tactuel“ erscheint mit einer neuen Ausgabe

Seit dem Jahr 2012 gibt es die Zeitschrift „tactuel“, herausgegeben vom Schweizerischen Zentralverein für das Blindenwesen (SZB). Bereits mit Erscheinen der ersten Ausgabe konnte die „tactuel“ auf eine lange Geschichte zurückblicken. Schließlich löste sie als „Fachzeitschrift für das Blinden-, Taubblinden- und Sehbehindertenwesen“ die „SZB-Information“ ab, die fast 60 Jahre lang über Neuigkeiten berichtete. Eine weitere Besonderheit: alle Ausgaben erscheinen auf Deutsch und Französisch.

Von Anfang an als Redaktorin dabei ist Ann-Katrin Gässlein. Ihr konnten wir anlässlich des Erscheinens der neuen Ausgabe einige Fragen stellen.

Frau Gässlein, wie sind Sie zur Redaktion der „tactuel“ gekommen und waren Sie vorher bereits im Blindenwesen beschäftigt?

Ich bin Journalistin und Redaktorin und hatte – bevor ich zum SZB kam – bei anderen Zeitschriften gearbeitet und dort Erfahrungen mit Relaunchs gesammelt. Mir war sofort klar: Der SZB als Dachverband im Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenwesen braucht eine professionelle Fachzeitschrift, die redaktionell spannend und abwechslungsreich aufgebaut ist, ansprechend für unterschiedliche Zielgruppe, also auch Augenärzte oder Optikerinnen wie auch für Lehrpersonen und redaktionell unabhängig.

Was hat zu der Entscheidung geführt, die SZB-Information nach fast 60 Jahren einzustellen bzw. durch ein neues Format abzulösen?

Die „SZB-Information“ war eigentlich ein hausinternes Mitteilungsblatt, das mit Fachartikeln durchsetzt war: sehr umfangreich, mit einem langen Produktionsprozess, und die Ausrichtung war nicht klar. tactuel nun erscheint häufiger, bringt nur wenige, dafür relevante Literatur- und Veranstaltungstipps, hat den internen Teil „Aus dem SZB“ stark reduziert und die thematischen Beiträge entsprechend ausgebaut. Wir achten darauf, regelmässig Fachpersonen aus unterschiedlichen Disziplinen zu Wort kommen zu lassen und binden auch – wo immer möglich – die Perspektive blinder und sehbehinderter Menschen oder ihrer Angehörigen mit ein.

Waren diese Überlegungen rückblickend richtig?

Auf jeden Fall. Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass es im Schweizerischen Sehbehindertenwesen keine vergleichbare Publikation zu tactuel gibt. tactuel befindet sich genau an der Schnittstelle zwischen Fachheft und Unterhaltung. Natürlich brauchen spezialisierte Rehabilitationsfachpersonen noch andere Zeitschriften, und auch für blinde und sehbehinderte Menschen gibt es eigene Literatur. Doch gerade von Seiten Betroffener erhalten wir oft die Rückmeldung, dass sie dank tactuel am Zeitgeschehen teilnehmen können, über den Tellerrand der eigenen Lebenswelt hinausblicken und viel Neues erfahren. Wir tragen einen wichtigen Teil zur Vernetzung von Fachwelt und Selbsthilfe bei.

Zur Professionalisierung gehörte auch, dass ein Abonnementpreis eingeführt wurde. Für Fachpersonen, die bei Mitgliedorganisationen des SZB angestellt sind oder für betroffene Menschen ist tactuel weiterhin gratis. Im Moment bauen wir unseren Abonnentenstamm aber durch Werbemassnahmen (Gratisexemplare) bei Optikern, Augenärzten usw. weiter aus.

In welchen Formaten kann die „tactuel“ gelesen werden?

tactuel erscheint als gedruckte Ausgabe auf deutsch und französisch und kann ebenfalls in beiden Sprachen im Daisy-Format aus CD abonniert werden. Daneben gibt es eine deutsche Braille-Ausgabe. Tactuel wird ausserdem auf der barrierefreien Website www.tactuel.ch mit Bildern aufgeschaltet.

Was dürfen Leserinnen und Leser erwarten, wenn sie die neue Ausgabe der „tactuel“ aufschlagen, anhören bzw. am PC aufrufen?

Wenn sie die Vorschau der letzten Ausgabe gelesen haben, wissen sie bereits das Schwerpunktthema der neuen Nummer. Die nächste Ausgabe widmet sich dem Thema „Demenz und Sehbehinderung“. In der Rubrik „Schwerpunkt“ erscheint zum Beispiel ein Interview mit der Geschäftsleiterin der Schweizerischen Alzheimervereinigung und ein Hintergrundbericht über die Erfahrungen von Rehabilitationsfachpersonen mit hörsehbehinderten Menschen, die zudem an Demenz erkrankt sind. Dazu beinhaltet die Ausgabe 3 eine Fachpublikation „Beste Pflege dank audio-visueller Abklärung“ mit Leitsätzen für eine optimale Pflege dieser Menschen. In der Rubrik „Plattform“ gibt es einen Beitrag über die Umrüstung der Billetautomaten: Bei den grösseren Verkehrsbetrieben haben sehbehinderte und blinde Menschen nun die Möglichkeit, Tickets via Handy zu bestellen oder eine Nummer in Reliefschrift einzugeben. Und wie immer informieren wir über neue Hilfsmittel, Literatur und geben Hörbuch- und Lesetipps aus Blindenbibliotheken der Schweiz.

Beim Schwerpunktthema achten wir auf Abwechslung. In der letzten Ausgabe ging es um Kindgerechte Brillen, die übernächste wird sich dem Thema „Grauer Star“ widmen und dabei auch ein wenig in der Medizingeschichte stöbern.

Die „tactuel 3/2016“ erscheint Anfang September. Neben früheren Ausgaben kann sie auf http://www.tactuel.ch/ gelesen bzw. bestellt werden. Im Abonnement kostet sie 25 CHF in der Schweiz und 35 CHF im Ausland.